Konsum und Wiederverwertung
Weniger ist mehr
Oberstes Gesetz bei Konsum ist die möglichste Vermeidung von zu viel Konsum. Das ist eine schwierige Sache, denn manche Dinge lassen sich erst mit bestimmten Materialen und Produkten verwirklichen. Erfreulich und interessant ist deshalb die gesellschaftliche Entwicklung weg vom Konsum hin zum Teilen. Status muß nicht mehr über Besitz hergestellt werden, sondern es reicht, Anteil zu haben – an modernen Transport- und Freizeitmöglichkeiten, an Wohn- und Urlaubsmöglichkeiten, an Arbeitsgeräten etc. Besitz wird in Zeiten von Zeitmangel und immer größerer Flexibiltät sowie lebenslanger Entwicklung zu einem lästigen Klotz am Bein. „Gift-boxen“ (gift ist englisch und heißt Geschenk) schießen wie Pilze aus dem Boden in großen Städten – selbst gezimmerte Hütten auf zentralen Plätzen, in denen vorbeigebracht wird, was man selbst nicht mehr braucht, andere aber noch interessieren könnte. Mitgliedschaften in Wohngenossenschaften, Carsharinginitiativen bis hin zu Tauschringen sowie Internettauschbörsen geben dem Leben mehr Chancen und Möglichkeiten ohne alles persönlich besitzen zu müssen sowie Mitbestimmung jenseits des Marktangebotes.
Billig ist langfristig teuer
Die Discounter preisen sie noch immer, die Idee, in der billig die einzige Devise ist. Wir haben die Familien hier nicht vor Augen, die diese Produkte für uns produzieren. Wir kennen niemanden, der in den Fabriken der Konzerne schuftet, wir haben nicht den Bach hinter dem Haus, der die Abwässer transportiert. Wir haben die Risiken von Billig ausgelagert. Deshalb ist es selten nachhaltig oder ästhetisch oder überhaupt sein Geld wert, wenn es noch nicht einmal seiner Funktion gerecht wird.
Ich erinnere mich noch heute des Gemüsesmessers meiner Urgroßmutter: Die Klinge kurz und dünn vom jahrelangen Gebrauch und dem immerwährenden Anschleifen mit dem alten Schleifstein, den wir Kinder drehen durften, während der Großvater aus einem Krug Wasser darüber goss, um die Messer zu schleifen. Sie besaß nur dieses eine Gemüsemesser, dass sie täglich in Feld, Garten und Küche brauchte – es war jedes Mal eine aufgeregte Suchaktion im Gange, war es einmal verlegt. Die Geschichte soll zeigen, dass Besitz zu pflegen ist, dass er zu einem wichtigen persönlichen Begleiter für lange Zeit werden kann. Das uns anvertraute Dinge Geschichten und Geschichte erzählen können. Dies kann eine ganz eigene Lebensqualität bekommen – ganz im Gegensatz zu den Gesetzmäßigkeiten der kurzlebigen Mode mit ihren Hyps, die uns trotzdem noch immer als Hetzende zurücklässt, sollten wir versuchen, mit ihr Schritt zu halten. Suchen wir nach den Dingen die uns gerecht werden (oder im Glückfall finden sie uns) und lassen uns nicht vom Markt vorschreiben, was wir zu wünschen haben!
Müll („Reduce, Reuse, Recycling“ – in Großbritannien das neue kommunale Schlagwort in der Müllvermeidung und Verwertung)
Eigentlich ist die Menschheit heute in der Lage, nahezu keinen Müll mehr zu produzieren. Abfallstoffe werden immer mehr zu den neuen Rohstoffen, seit diese auf den Weltmärkten teurer und knapper werden, die Weltproduktion aber nach wie vor expandiert und immer mehr Menschen zum Konsum in überregionalen Wirtschaftskreisläufen animiert werden sollen. Nur die lückenlose Entsorgung und Wiederverwertung hängt leider noch kräftig hinterher. Derweil verwandeln sich unberührte Strände weltweit in Müllkippen, ganze Platikseen treiben auf den Ozeanen und bedrohen das Leben von Meerestieren. Die menschliche Zivilisation erreicht mit ihrem Müll den noch so entlegenen Winkel.
Natürlich ist bei der Müllvermeidung und dem Recycling vor allem die Verantwortung der öffentlichen kommunalen und staatlichen Strategien und Systeme zu nennen. Aber auch die Verantwortung der Industrie ist unglaublich wichtig bei der Abfallvermeidung, allein schon im Verpackungsbereich. Dort hat aber auch der Verbraucher eine gewisse Mitentscheidung, sowohl über Produkt als auch mitunter über die Verpackung. Deutschland ist sich des Recyclings und der Endverbraucher bei der Mülltrennung durchaus seiner Möglichkeiten bewusst. Und trotzdem werden noch viel zu viele Dinge produziert und nicht wiederverwertet.
Und auch der Einzelne kann einfach beim Spazierengehen aufheben, was er hinterlassen und auch, was er selbst nicht hinterlassen hat. Seit Jahren praktizieren wir das so, egal wo wir im Urlaub sind oder welche Wanderung wir unternehmen. Eine Tüte einzustecken, die nachher mit Müll gefüllt in einem Abfallcontainer landet, ist in der Regel kein großes Ding, für die Ökosysteme und die Lebensqualität von Umwelt und Mensch allerdings beachtlich – je mehr diese Praxis Einzug hält.
Wiederverwertung
Manches hat ausgedient oder die Verpackung lässt sich noch gut als Ausgangsmaterial für andere Arbeiten verwenden. Und manches lässt sich noch gut anderweitig weiternutzen und einsetzen. Im Zentrum für Nachhaltigkeit werden sie keine Abwaschlappen finden, die nicht aus den Resten eines ausgedienten Kinderpullovers stammen. Die Bänder, mit denen wir unsere frisch gepflanzten Obstbäume anbinden, sind aus dünn gewaschenen Strickwindeln geschnitten, die 4 Jahre auf ihren Einsatz auf dem Boden gewartet haben. Wollen die Kinder basteln oder etwas Schneidern, finden sie im Fundus der aufbewahrten Reste immer genau das, was sie suchen. Diese Art nachhaltiger Weiterverwertung von Dingen setzt eine Aufbewahrung voraus, die etwas Zeit und Platz und auch Kreativität voraus setzt. Oftmals rare Güter in unserer heutigen Welt. Natürlich braucht es auch entweder ein gutes Gedächtnis oder ein Archivierungssystem. Die meisten aufbewahrten Dinge müssen aber nicht in den unmittelbaren Wohnräumen gelagert werden bis sie wieder zum Einsatz kommen, sondern kommen mit ungeheizten und einfachen Umgebungen zurecht.
Möbel und Einrichtungen sind fast ausnahmslos wiederverwertet, z. T. aus weniger nachhaltigen Systemen, z. B. des universitären Bildungssystems, dem es zu viel Arbeit und zu wenig Prestige bedeutet, die oftmals sehr soliden Einrichtungen neuen Einsatzgebieten zu zuführen. Bevor sie gedankenlos in Containern als Sperrmüll abtransportiert werden, kommen sie im Atelier als Werktisch zum Einsatz und der ehemalige Hörsaalvorhang tut seinen Dienst bei Vorträgen vor dem breiten Atelierfenster, wenn es wichtig ist, dass kein Licht von außen stört. Es kostet etwas Arbeit, die Teile einzusammeln, anzupassen oder manchmal etwas aufzuarbeiten, aber es ist in jedem Fall nachhaltiger (und erzählt noch dazu eine Geschichte) als neue Möbel aus Pressspan zu kaufen, die noch nicht einmal den Belastungen einer Werkstatt standhalten.