Weiler Cortnitz

Stiftung Umgebindeland     Hacksilberschatz        Via Regia und Jakobspilgerweg    

Flora und Fauna     Sorbenland     Baruther Maar

 

  • Cortnitz ist ein ganz kleiner Weiler aus ein paar ursprünglichen Bauernwirtschaften, zum Teil noch im Stil des Umgebindehauses erbaut im angestammten Siedlungsgebiet der Wenden. Wir befinden uns also sehr weit östlich und grenzen bereits an Niederschlesien und schließlich an Polen und Tschechien. Die Wenden oder auch Sorben siedeln seit alters her als ein slawisches Volk mit eigenen sorbischen Sprachen hier in der Region. Am ehesten bekannt ist vielleicht der Film „Krabbat“ der aus der Sagenwelt der Sorben schöpft und in der Geschichte dieser Region angesiedelt ist. Wir begegnen also allerorten der Zweisprachigkeit auf Ortsschildern, in Amtsblättern in Schulen und Kindergärten, bei Riten und Bräuchen und nicht zuletzt in Familien und dem kulturellen Schaffen.
  • Auch der geografische Raum der Lausitz ist äußerst vielfältig und geschichtsträchtig. Das fruchtbare Ackerland, das sich wie ein Streifen von West nach Ost zieht, ist eines seit Urzeiten von bäuerlicher Hand bewirtschaftetes Refugium. Im Süden schließt sich das Mittelgebirge des Lausitzer Berglandes an und im Norden die Heide- und Teichlandschaft mit ausgeprägten Waldgebieten und Spreeauen. Cortnitz liegt auf den letzen Ausläufern einer Endmoräne der Eiszeit, noch dazu in einem noch älteren vulkanischen Gebiet – quasi auf dem ehemaligen Kraterrand.
  • Das weiß man so genau, weil direkt unterhalb von Cortnitz Probebohrungen bis über 300 m Tiefe ergeben haben, dass einst heiße Magmamengen auf Grundwasser trafen und damit eine riesige Explosion auslösten. Dabei wurde ein 250 m tiefer Krater in die Erde gerissen, der ohne Zu- und Abfluss als See über Jahrmillion verlandete und damit weitreichenden Aufschluss über die Geschichte der Region zu geben vermag. Wenn man dies weiß, erkennt man tatsächlich eine umgrenzte ungewöhnlich flache Ebene nördlich von Cortnitz, die als Baruther (Trocken-)Maar bekannt ist.
  • Der Besonderheiten dieses kleinen Fleckchens Erde aber noch nicht genug: Uralte Handelstraßen führten einst ganz in der Nähe von Cortnitz vorbei und ein Abzweigung der „Hohen Straße“ oder „via regia“, die Osteuropa mit Westeuropa verband und von Kiew über Krakau – Breslau – Görlitz – Bautzen (und hier befinden wir uns nun in genau in unserer Gegend) – Erfurt und schließlich ins Rheinland nach Frankfurt und von dort weiter nach Paris oder in den Süden Frankreichs und schließlich als der legendäre Pilgerweg bis nach Santiago de Compostella führte, durchquerte eine Senke bei Cortnitz, um von der hohen Straße ins nördliche Flachland abzuzweigen.
  • Auf den Wiesen jenseits des Weges fand sich im Jahr 2005 ein beachtlicher Silberfund von Münzen aus dem 11. Jahrhundert, der von Archäologen als Hacksilberschatz bezeichnet wird – in damaliger Zeit wurde in Gramm Silber bezahlt, weshalb Teile von Münzen unterschiedlicher Zeit und Prägung im Umlauf waren. Die ältesten Münzen stammen bereits aus dem 7. Jahrhundert aus Mittelasien und haben eine muslimische Prägung.  Ob dieser Schatz von Räubern versteckt, von einem (reichen) Bauern oder Kaufmann aus Sicherheitsgründen vergraben oder bei einem Raubüberfall auf der Landstraße im Durcheinander einfach verloren wurde, wird niemand mehr erfahren. Was aber Fakt ist, dass dieser Schatz über 1000 Jahre unbemerkt in der Erde gelegen haben muss und von den ahnungslosen Cortnitzer Bauern bei jedem Ackern ihrer Felder mit dem Flug weiter und weiter in ihrer Scholle verteilt wurde.
  • Die Flora und Fauna in der Lausitz ist gekennzeichnet durch eine große Vielfältigkeit an Lebensräumen. Die relativ dünne Besiedlung lässt auch den Tieren Raum und so kehren sie sogar nach und nach zurück: die sagenumwobenen Wölfe, die majestätischen Fischadler, die beeindruckenden Kraniche und die scheuen Wildkatzen. Ganz zu schweigen von all den anderen wild lebenden Gesellen wie den Hasen, Rehen, Wildschweinen, Dachsen, Fischottern, Störchen, Milanen, Fledermäusen, Raben, Eulen… Allein auf dem Weg zum Kindergarten oder Schule müssen sich unsere Kinder jeden Morgen in Acht nehmen, um nicht mit einigen der aufgeführten Bewohner der Wälder und Fluren unversehens zusammenzustoßen.
  • Das Pflanzenreich gedeiht an unzugänglichen Stellen und wo die Landwirtschaft mit dem Eintrag an Düngemitteln und Pestiziden nicht hingelangt noch immer mit Himmelschlüsseln, Skabiosen und mitunter auch Orchideen. Einer dieser selten gewordenen Himmelschlüsselwiesen befindet sich in unmittelbarer Umgebung von Cortnitz und steht unter Schutz.
  • Ebenso unter Naturschutz steht die Gröditzer Skala, deren Einstieg gleich im Nachbarort zu finden ist. Bei einer Skala handelt es sich um ein von einem Bach tief in die Landschaft, meist Fels, eingeschnittenes Tal. Auf uralten Eichen- und Eschenstämmen am Talgrund wachsen junge Bäume empor, sollten sie aus Alterschwäche dem letzen großen Sturm zum Opfer gefallen sein. Ein Urwald darf sich entwickeln, mit großer Diversität. Das bedeutet einen großen Artenreichtum, was dem Wanderer eine Fülle an Formen und Farben alleine schon an den Schattierungen des Grüns beschert. Wenn dann noch die Sonnenstrahlen durch das Laub brechen und sich in den Wellen des schnell dahin gleitenden Wassers spiegeln, werden die manchmal so mächtigen Sorgen für einen Moment unwichtig – und bleiben vielleicht auch nachher relativiert…
  • In Wandernähe von Cortnitz befindet sich eine der kleinsten Städte Deutschlands: Weißenberg mit dem einzigen Pfeffekuchenmuseum Europas. Diese verträumte alte Kleinstadt ist besonders für die übervolle Blauregenblüte an seinem Rathaus bekannt. Dabei ist diese Rarität einem Baufehler alter Zeit zu verdanken: Im Innenraum des Rathaus war die Treppe vergessen worden. So behalf man sich mit einer Außentreppe um den Turm, die durch eine Pergola geschützt und mit Glyzinien überwuchert wurde.
  • In Fahrradnähe befindet sich die 1000 Jährige Stadt Bautzen, Hauptstadt der Sorben und wunderbar kompakt in der alten Anlage. Die Wende vor nunmehr über 20 Jahren kam für die Stadt in letzter Minute: der historische Stadtkern war kurz vor dem völligen Zerfall, während aus den Simsen der Häuser bereits die Birken wucherten. Aufwendig saniert lädt die Stadt zu romantischen Spaziergängen vor und innerhalb der Tore der Stadt ein. Oder man besteigt einen der 19 Türme, um weit über Stadt und Land blicken zu können.
  • Ein trauriges Kapitel Bautzens ist mitten in der Stadt in der Gedenkstätte für die politisch Inhaftierten der Staatssicherheit zu DDR-Zeiten zu besichtigen.
  • Im Frühling wird Bautzen zur Osterhauptstadt mit zahlreichen Bräuchen. Tausende Besucher zieht es dann in die Oberlausitz, um v. a. das traditionelle sorbische Osterreiten der befrackten Männer mit Zylinder und ihren kräftigen Gesang auf den reich geschmückten Pferden zu erleben.  Wer solch einen Osterreiterzug einmal erlebt hat, ist tatsächlich berührt von der tiefen Ernsthaftigkeit, mit der hier die Osterbotschaft verkündet wird.
  • Sehr empfehlendwert sind für alle kultur- und theaterbegeisterten Besucher die beider Theater der Stadt mit ausgesprochen hohem künstlerischem Anspruch zu sozialen Preisen. Auch kleine Besucher werden begeistert sein vom Puppentheater der Stadt auf der Burg.
  • Im Advent füllt der älteste Weihnachtsmarkt Deutschlands, der Wenzelmarkt die Stadt mit Licht und fröhlichem Leben, zumal das nahe Erzgebirge mit seiner reichen Tradition an Weihnachts- und Spielwaren und die Herrenhuter Sterne das Ambiente der Adventskultur prägen.
  • Als Tagesausflug mit dem Zug ist von Bautzen aus die wunderschöne alte und reiche  Handelstadt Görlitz (1/2 Stunde Fahrt) an der Neiße (Grenze zu Polen) auf der alten via Regia,  die im Jahr 2010 als Kulturhauptstadt Europas zur Debatte stand sowie die berühmten Städte  Dresden (1h) und Meißen und dem faszinierenden Elbsandsteingebirge (Sächsische Schweiz), Prag (2,5h von Dresden) und Breslau (Wroclaw) (2,5h)– ein absoluter Geheimtipp – zu nennen.